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vom 20. Dezember 2024
Der Architekt Gustav Ziegler, Sohn eines Vergolders, ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten, obwohl er in der Kaiserzeit nahezu 100 Wohnhäuser und einige größere Industriebauten in der ehemaligen badischen Residenz errichtet hat.
Sein bedeutendstes Bauwerk war die Synagoge für die orthodoxe jüdische Gemeinde im Hof der Karl-Friedrich-Straße 16, die 1938 in der sogenannten Kristallnacht von den Nationalsozialisten niedergebrannt wurde. Anlässlich seiner Einweihung im September 1881 war das im Neorenaissancestil erbaute Gotteshaus wegen seiner prächtigen Schönheit und seiner imposanten Ausstattung mit Fenstern des Glasmalers Hans Drinneberg gerühmt worden. Später gestaltete Ziegler die Kaiserpassage mit prachtvollem Figurenschmuck und mit einer opulenten Glasüberdachung. Sie wurde 1887 eingeweiht, fiel aber Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Etliche Villen und Wohnhäuser des Architekten in Karlsruhe sind aber noch erhalten. Prominentes Beispiel ist das heutige Gästehaus Solms in der Bismarckstraße 24, das Ziegler 1881/82 für den aus Lahr stammenden Fabrikanten Georg Heimburger erbaute und 1902 für die neuen Bewohner Graf und Gräfin Solms mit An- und Umbauten versah. Auch in der Bahnhofstraße, der Kriegsstraße, der Moltkestraße, der Sophienstraße, der Schirmerstraße, der Wörthstraße und in der Stephanienstraße stehen noch im Stilgemisch des Historismus gestaltete Wohnhäuser von ihm, die in Wort und Bild online in der Liste der Karlsruher Kulturdenkmäler erfasst sind. Auch das alte und neue Sudhaus der Mühlburger Brauerei (heute Tempel) und das Maschinenhaus der ehemaligen Möbelfabrik Reutlinger in Grünwinkel stammen von Ziegler.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurde er bald in dem vom Deutschen Reich annektierten Elsass-Lothringen als Architekt tätig. So wirkte er an der Errichtung der Neustadt von Straßburg mit einigen prachtvollen Villen und Wohnbauten mit (4 rue Joseph Massol, 8 avenue de la liberté, 9 quai Zorn, 6 rue de la Marseillaise).
Die hier abgebildete Portraitaufnahme von Schuhmann & Sohn fand sich im Nachlass seines Neffen, des Philosophen Leopold Ziegler, in der Badischen Landesbibliothek. Sie zeigt ihn als jungen Mann, entweder vor dem Krieg gegen Frankreich, an dem er als Leutnant teilnahm, nachdem er sein Architekturstudium am Polytechnikum in Karlsruhe abgeschlossen hatte, oder am Beginn seiner beruflichen Laufbahn, die ihn nach 1871 zunächst nach Stuttgart und Baden-Baden geführt hatte, bevor er 1876 sein eigenes Büro als Privatarchitekt in Karlsruhe eröffnete. Bei seinem Tod am 19. Februar 1908 war Ziegler erst 60 Jahre alt. Er hinterließ seine Frau Elisabeth, geb. Uetz, die er 1874 geheiratet hatte, mit einem Sohn und drei Töchtern.
Dr. Peter Pretsch, Leiter des Stadtmuseums Karlsruhe i. R.