
Menü
- Stadtarchiv
- Stadtmuseum
- Pfinzgaumuseum
- Erinnerungsstätte
- Stadtgeschichte digital
- Erinnerungskultur
vom 20. September 2024
von Katrin Dort
Das heute dreistöckige Gebäude in der Gartenstraße 53 in der Südweststadt mit der auffälligen Uhr wurde in den Jahren 1871-1872 errichtet. Der ursprüngliche Bau hatte nur zwei Stockwerke. Er sollte das Wasserwerk beherbergen, welches auf dem Dach einen Wasserhochbehälter unterhielt. Als 1893 ein neuer Hochbehälter im Lauterberg fertiggestellt wurde, verlor das Wasserwerk in der Gartenstraße seine Funktion.
Die freiwerdenden Flächen wurden für das Stadtarchiv vorgesehen, welches seit seiner Gründung 1885 in mittlerweile nicht mehr ausreichenden Räumen im Rathaus untergebracht war. Für die neue Nutzung wurde das Gebäude in der Gartenstraße ertüchtigt, unter anderem wurde auch das auf dem Dach angebrachte Wasserreservoir umgebaut zu einem dritten Stockwerk. 1896 konnte das Stadtarchiv, zu dem damals noch die Stadtgeschichtlichen Sammlungen, heute Stadtmuseum, mit zahlreichen Objekten und Kunstgegenständen gehörten, sein neues Domizil beziehen. Die nun großzügig zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten ermöglichten es, erstmals auch stadtgeschichtliche Ausstellungen zu zeigen. Die Gartenstraße 53 kann somit als "Geburtsort" des Stadtmuseums gelten. Vom Stadtarchiv erhielt außerdem der erstmals 1898 im Adressbuch aufgeführte und noch heute so bezeichnete Archivplatz seinen Namen.
Als Anfang der 1920er Jahre die Aufgaben des Arbeitsamtes immer mehr zunahmen und größere Räumlichkeiten benötigt wurden, musste das Stadtarchiv weichen. Das für das Arbeitsamt umgebaute Haus erhielt auf der linken Seite in der Otto-Sachs-Straße einen Erweiterungsbau. Die Pläne von 1922 zeigen, dass spätere Erweiterungen um einen zweiten Flügel auf der rechten Seite des Gebäudes und einen verbindenden Querbau geplant waren, so dass in der Mitte ein umschlossener Innenhof entstanden wäre. Diese Erweiterungen wurden jedoch nie ausgeführt. Auf den Plänen wurden bereits die späteren Funktionen einiger der Räume angegeben, so waren etwa Schalterräume für gelernte und ungelernte Arbeiter sowie ein eigener Raum für Gastwirtsgewerbe und Musiker vorgesehen. 1938 zog das Arbeitsamt in ein neu erbautes Gebäude in der Kapellenstraße um. Für die nächsten Jahre nutzten das Karlsruher Standesamt und wechselnde andere städtische Behörden die freigewordenen Räumlichkeiten.
1956 eröffnete der Verein für Jugendschutz und Bewährungshilfe e. V. (später Verein für Jugendhilfe Karlsruhe e. V.) in dem Gebäude das "Christophorus-Haus" als Überbrückungsheim für straffällige und wohnsitzlose Jugendliche. Das Heim sollte nicht nur als Jugendwohnheim dienen, sondern auch als Stätte von Erziehung und Bildung. Der Heimleiter Walter Ayass, der über Jahre eine prägende Persönlichkeit in der Jugend- und Bewährungshilfe war, wie auch seine Familie lebten ebenfalls in dem Haus und nahmen am alltäglichen Leben der Jugendlichen teil. 1973 zog das Jugendwohnheim in das in Daxlanden erbaute "Neue Christophorus-Haus" um, welches mit weiteren Unterstützungsangeboten zum Zentrum der Jugendhilfe wurde.
In den frei gewordenen Räumen in der Gartenstraße richtete der Verein 1976 eine Anlauf- und Betreuungsstelle für Strafentlassene mit eigenen Übergangswohnplätzen ein. Das Gebäude wurde damit zu einem zentralen Ort der Straffälligenhilfe in Karlsruhe.
1999 erlebte der Verein eine Strukturkrise und musste seine Hilfsangebote neu organisieren. Im Zuge der Veränderungen wurde auch das Übergangswohnheim Christophorus-Haus in der Gartenstraße 53 geschlossen und die Anlauf- und Beratungsstelle für Strafentlassene zog um in die Karlstraße.
Ab 2003 erscheinen dann die städtischen Beratungsstellen als Nutzer des Gebäudes, die auch heute noch dort zu finden sind: eine Psychologische Beratungsstelle sowie die Beratungsstelle für Opfer sexueller Gewalt, AllerleiRauh. Gelistet sind diese Einrichtungen im Adressbuch nun nicht mehr unter Gartenstraße 53, sondern unter der Adresse des Erweiterungsbaus, Otto-Sachs-Straße 6. Dort ist heute auch der Haupteingang zum öffentlichen Teil des Gebäudes zu finden.
Dr. Katrin Dort, Leiterin von Stadtarchiv und Historische Museen Karlsruhe