
Menü
- Stadtarchiv
- Stadtmuseum
- Pfinzgaumuseum
- Erinnerungsstätte
- Stadtgeschichte digital
- Erinnerungskultur
vom 15. Dezember 2023
von Ernst Otto Bräunche
Als am 16. Dezember 1892 im Saal der Museumsgesellschaft Karlsruher Journalisten und Schriftsteller dem Vorbild anderer Städte folgend einen Schriftsteller- und Journalistenverein zur Förderung ihrer Standesinteressen gründeten, war Karlsruhe eine Pressestadt, in der neun Tageszeitungen erschienen. Die Karlsruher folgten dem Beispiel anderen Städten, der erste deutsche Verein war 1862 in Berlin entstanden.
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten der völkischem Gedankengut nahestehende Dichter Heinrich Vierordt (1. Vorsitzender), 1917 Mitunterzeichner eines Aufrufs der Deutschen Vaterlandspartei, und der Chefredakteur der nationalliberalen Badischen Correspondenz Julius Katz (2. Vorsitzender), der Schriftsteller Johann von Wildenrath (Schriftführer), der Direktor der Kunstgewerbeschule Hermann Götz (Kassier) sowie als Beisitzer Otto Hancke, Hoftheaterdirektor, Wilhelm Harder, Chefredakteur der Karlsruher Zeitung, Wilhelm Harder, Chefredakteur der Karlsruher Zeitung, Hermann Lippe, Chefredakteur des Badischen Landesboten und Alexander von Sybel, Bruder von Heinrich von Sybel, mehrere Jahre Chefredakteur der Badischen Landeszeitung. Sybel wurde später Nachfolger Vierordts als Vorsitzender des Vereins. Auch weitere Chefredakteure waren unter den Gründungsmitgliedern so Jodokus Fiege (Badischer Beobachter), Friedrich Gutsch (Karlsruher Nachrichten) und Adam Röder (Badische Landpost), aber auch der Journalist und Schriftsteller Leopold von Pezold und der einflussreiche Ingenieur und Journalist Otto Ammon, der als Begründer der deutschen Sozialanthropologie gilt, an die später NS-Rasseforscher anknüpften. Auch Albert Herzog, der neue Chefredakteur der Badischen Presse stieß kurz nach dem Beginn seiner mehr als 25-jährigen Tätigkeit in Karlsruhe 1893 zum Verein. Mitglieder durften auch auswärtige Journalisten werden wie z. B. der Baden-Badener Redakteur Richard Pohl, Komponist und Musikschriftsteller, der auch für die Karlsruher Zeitung schrieb und zum Beispiel am 18. November im Rahmen eines "Damenabends" im Hotel Germania einen Vortrag über Franz Liszt und Weimar hielt.
Der Verein war mit solchen Veranstaltungen¸ an denen gelegentlich auch Oberbürgermeister Karl Schnetzler und andere städtische Honoratioren teilnahmen, rasch fester Bestandteil des Karlsruher Gesellschaftslebens geworden. Die Karlsruher Zeitung berichtete am 1895, dass die Vereinstätigkeit in ein neues Stadium mit eigenständigen, "von echt gemütlicher Stimmung" beherrschten Veranstaltungen getreten sei. Am 15. Dezember 1902 besuchten sogar Großherzog Friedrich, Prinz Karl sowie der Minister für Justiz, Kultus und Unterricht von Dusch einen Vortragsabend, bei dem Heinrich Vierordt und Albert Herzog eigene Werke vortrugen und Elisabeth Knittel Lieder von Julius Katz vortrug.
Jahrelang amtierte Julius Katz, der inzwischen Chefredakteur der Karlsruher Zeitung geworden war und hohes Ansehen genoss, zunächst nur geschäftsführend als Vorstand des Karlsruher Journalistenvereins. In seine Amtszeit fiel auch eine öffentliche Auseinandersetzung im Jahr 1899 zwischen Oberbürgermeister Karl Schnetzler als Vorsitzenden des Bismarckdenkmalkommités und der Badischen Landpost, die sich geweigert hatte, ein kostenloses Inserat aufzunehmen. Der Verein positionierte sich in dieser Auseinandersetzung dahingehend, dass auch Anzeigen zu öffentlichen oder wohltätigen Zwecken nicht kostenlos aufgenommen werden sollten und es den jeweiligen Zeitungen ggf. freistehe, die Summe dann zu spenden. Zu diesem Zeitpunkt waren neben der Landpost auch die Badische Presse, der Badische Beobachter, der Badische Landesbote und die Karlsruher Zeitung im Verein vertreten, es fehlten die Badische Landeszeitung, der Badische Residenzanzeiger und das Karlsruher Tagblatt.
Am 9. März 1910 bildete sich ein neuer Verein Karlsruher Presse, weil der Schriftsteller- und Journalistenverein offensichtlich schon seit längerem nicht mehr bestand. Größere Aktivitäten waren zuletzt 1907 zu verzeichnen gewesen. Er hatte sich als stark an den Honoratioren orientierter Verein überholt und wurde nun ersetzt von einem reinen Berufsverein ohne Schriftsteller, der zur "Wahrung und Förderung der Berufs- und Standesinteressen sowie zur Pflege des kollegialen Verkehrs" gegründet wurde. Zum 1. Vorsitzenden wurde Dr. Ludwig Munzinger, Chefredakteur der Badischen Landeszeitung, gewählt. Dem nach wie vor von bürgerlichen Journalisten dominierte Verein gehörten nun auch Redakteure des sozialdemokratischen Volksfreund an, was diesen veranlasste, im August 1913 diese Mitgliedschaften mit der Notwendigkeit einer Standesvertretung zu begründen. Positiv hob man hervor, dass ein bürgerlicher Journalist wie der Chefredakteur der Karlsruher Zeitung Kurt Amend in der Lage war, den nach Freiburg zur Volkswacht wechselnden späteren SPD-Landtagsabgeordneten Anton Weißmann würdig zu verabschieden. Wie schon im Vorgängerverein blieben aber Auseinandersetzungen nicht aus, vor allem die Redakteure des Badischen Beobachters gerieten mit nationalliberalen Kollegen öfters aneinander. Als Ludwig Munzinger 1913 mit dem Ende seiner Tätigkeit für die Landeszeitung als Vorsitzender zurücktrat und mit ihm der 2. Vorsitzende Dr. Johannes Rathje, der nach Nürnberg zog, wurde der Chefredakteur des Volksfreunds Wilhelm Kolb sogar 2. Vorsitzender. Erster Vorsitzender wurde der Chefredakteur der Badischen Presse Albert Herzog. Durch Zuwahl wurde Otto Ernst Sutter, der Karlsruher Vertreter der Frankfurter Zeitung, in den Vorstand berufen. Der Verein, in dem der langjährige Vorsitzende Albert Herzog auch nach außen eine führende Rolle einnahm, überstand den Ersten Weltkrieg gut. Zu Querelen kam es aber gleich zu Beginn der Weimarer Republik, als die Redakteure des Karlsruher Tagblatts aus Protest gegen die Mitgliedschaft des kurzzeitigen Chefredakteurs des neuen Blattes der USPD Sozialistische Republik Knud Ahlhorn austraten.
Als der langjährige Vorsitzende Herzog 1920 nach Wuppertal zog, wurde der Chefredakteur des Landesboten und Generalsekretär der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) Karl Dees bis 1927 sein Nachfolger. Dees leitete schon die Feier zur Verabschiedung des langjährigen hoch geschätzten Vorsitzenden Albert Herzog im vollbesetzten Saal des Friedrichhofs, die von der Karlsruher Zeitung als "eine der gediegensten Veranstaltungen, die der Verein bisher unternommen hat" gewürdigt wurde. Teilgenommen hatte zahlreiche politische und städtische Prominenz, das anspruchsvolle Programm gestaltet hatte Regisseur Felix Baumbach. Die von dem Verein veranstalteten Wohltätigkeitsfeste und das jährliche Pressefest füllten weiterhin die Vereinskasse, 1920 waren über 20.000 Mark für die Unterstützungskasse des Vereins eingenommen worden. Das Pressefest fiel im Inflationsjahr 1923 allerdings aus, der Verein umfasste dennoch 57 Mitglieder.
Im März 1928 übernahm der Redakteur der Badischen Presse Karl Binder, zuvor Rechner des Vereins, nach dem Wegzug des inzwischen auch in den Landtag gewählten Karl Dees den Vorsitz. Mit seiner Amtsübernahme entstand auch eine Bezirksgruppe Karlsruhe im Reichsverband der Deutschen Presse, deren Vorsitz der Chefredakteur des Badischen Beobachters Theodor Meyer übernahm. Alle Karlsruher Zeitungen und die beiden Telegraphenbüros sowie die Pressestelle der Regierung stellten Ende der 1920er-Jahre Beisitzer im Vorstand, der im März 1929 beauftragt wurde, mit der Stadtverwaltung Kontakt aufzunehmen, um über als deren "bessserungswürdig" bezeichnete Verhältnis zur Presse zu verhandeln.
In der Weimarer Republik wurden die vom Verein organisierten jährlichen Pressebälle zum gesellschaftlichen Ereignis, dessen Kosten 1928 die Kritik des sozialdemokratischen Volksfreunds hervorrief, der dies nicht mit der Notlage weiter Bevölkerungskreise für vereinbar hielt. 1932 fand Ende März die letzte Jahreshauptversammlung des Vereins statt, dessen Vorstand auch der Redakteur des Volksfreunds Sally Grünebaum angehörte. Ein Jahr später war der Volksfreund nach der nationalsozialistischen Machtübernahme verboten, Sally Grünebaum vor der Verfolgung geflohen. Übrig blieb 1945 nur das NS-Blatt Der Führer. An einem Fortbestehen des Presseclubs, der immer auch die Karlsruher Pressevielfalt widerspiegelte, hatten die Nationalsozialisten ebenso wenig Interesse wie an nichtnationalsozialistischen Zeitungen. Im Adressbuch 1933/34 ist der Verein mit dem Vorsitzenden Karl Binder letztmals im Adressbuch nachzuweisen.
Dr. Ernst Otto Bräunche, Redaktion/Herausgeber "Blick in die Geschichte"