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Blick in die Geschichte Nr. 111

vom 17. Juni 2016

Ein Stadtplan in axonometrischer Darstellung

Friedrich Weinbrenner. Bauten und Projekte in Karlsruhe

von Peter Thoma

Die bekannten Gebäude Weinbrenners der Karlsruher Innenstadt werden in axonometrischer Darstellung gezeigt. Die Begrenzung des Planes in Nord-Süd-Richtung durch Schloss-Ettlinger Tor, in West-Ost- Richtung durch Karlstraße-Achse Fasanenstraße. Grundlage ist der von Weinbrenner herausgegebene Plan von 1822. In unserem Plan ist die Stadt des Jahres 1826 gezeichnet.

Stadtplan Karlsruhes in axonometrischer Darstellung

Uns interessiert die Vision Weinbrenners von seiner Stadt; insofern sind nicht nur die gebauten, sondern auch die lediglich geplanten Werke wiedergegeben. Dies ergibt an einigen Stellen Situationen, wo sich Gebautes und Geplantes unvereinbar überlagern. Die geplanten, die erhaltenen, archivalisch erwiesenen und die lediglich zugeschriebenen Gebäude Weinbrenners sind durch Detaildarstellung gekennzeichnet, ebenso die zerstörten Bauten.

Friedrich Weinbrenner

Friedrich Weinbrenner wird 1766 geboren; die väterliche Zimmerei befand sich vor dem Linkenheimer Tor, an der heutigen Akademiestraße. Studienjahre führen ihn 1791 nach Berlin. 1792 reist er nach Rom, um die antiken Bauten zu studieren, 1797 kehrt er in seine Heimatstadt zurück; er entwirft den Marktplatz und verwirklicht die ersten Bausteine der neuen Stadt. Nach beruflichen Erfahrungen in Straßburg und Hannover wird er von 1800 an in seiner Heimatstadt wirken. Er entwickelt eine eigenständige Architektur, die von klarer Geometrie und blockhaften Volumina gekennzeichnet ist; seine Sprache wird von der Antike und der Renaissance geprägt, ebenso von der französischen Revolutionsarchitektur. Weinbrenner stirbt 1826 in seinem Haus. Seit 1958 wird der Sarkophag des großen Architekten in der Gruft der Evangelischen Stadtkirche bewahrt.

Der Spaziergang

Die Achse Schloss- Ettlinger Tor, Via triumphalis

In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts wird zuerst das Rondell bebaut. Das bereits 1798 entworfene Haus Staatsrat Wohnlich entsteht nun bis 1800, heute zerstört. Ebenfalls im Jahr 1800 baut Weinbrenner das Lusthaus des Markgräflich Hochbergschen Palais: ein Kuppelbau nach Palladio, zerstört. Das Palais für die Söhne der Reichsgräfin von Hochberg, wird 1803-1814 errichtet, ein Bauteil war schon ab 1801 entstanden, die Stallungen 1809. Nach Kriegsverlusten in großen Teilen erhalten, wurde das Gebäude teilweise abgebrochen und umgebaut. 1801 - ein Jahr nach Amtsantritt - baut Weinbrenner, nun als Baudirektor, sein eigenes Haus am südlichen Ende der Schloss- Straße; später rückwärtige Anbauten, die auch die Bauschule aufnahmen. Der Abbruch erfolgte 1873.

1803 entsteht das Ettlinger Tor als monumentale Triumphpforte und Abschluss der Via Triumphalis, 1872 zerstört. Ebenfalls 1803 bearbeitet Weinbrenner ein herrschaftliches Wohnhaus im Nordosten des Rondells, das als Abfolge unterschiedlicher Bauideen gesehen werden kann, das Haus blieb Entwurf. Im Südwesten wird wird die Bebauung des Rondells beschlossen durch Eckhaus und anschließendes Haus des Hofmetzgers Reuter, 1804, beide wohl von Weinbrenner, beide nach 2000 abgebrochen, sowie durch das mittig angelegte Haus des Schreinermeisters Stemmermann von 1809, nicht erhalten. 1805 das Haus des Generals von Beck, Schloss-Straße 23, nicht erhalten.

Grundlage für die Planungen am Marktplatz ist der Plan von 1804, der den Entwurf von 1797 präzisiert. Valdenaire, der Biograph Weinbrenners, nennt den an der Langen Straße gelegenen Platz Markthof, den südlichen, zwischen den gegenübergestellten Gebäuden der Kirche und des Rathauses Monumentalplatz oder Forum. Der eigentliche Marktplatz, 70 x 65 m groß, wird gerahmt von eingeschossigen Boutiquen für Handwerker und Fabrikanten, ca. 55 x 55 m groß, nicht gebaut. Im Westen des Marktplatzes werden Häuser für private Bauherren errichtet: 1804 vollendet der Architekt das Haus für Hoffaktor Kusel, Schloss-Straße 6, erhalten, und 1812 das Haus für die Kaufleute Schmieder und Füsslin, Schloss-Straße 4, Wiederaufbau. Die östliche Platzwand wird ebenso von Weinbrennerbauten beherrscht, Häuser für den Bruder, Zimmermeister Ludwig Weinbrenner, für den Hofjuwelier Dreßler, den Hofuhrmacher Schmidt, den Cafetier Meyer, Schloss-Straße 7 bis 13, Wiederaufbauten. Im gleichen Block noch das nicht erhaltene Haus des Handelsmannes Weisinger, 1809, Lange Straße 135, und rückseitig das erhaltene Reformierte Pfarrhaus, 1811, Kreuzstraße 12. Nördlich des Marktplatzes das Gasthaus "Zum schwarzen Bären", Gastwirt Reuter, Lange Straße 70, von 1815, Abbruch nach 1920, und das Haus Vorderer Zirkel 13 des Hofagenten Seligmann, nach 1804, Entwurf wohl Weinbrenner, zerstört im 2. Weltkrieg. Der südliche, verengte, Teil des Marktplatzes, 45 x 90 m groß, wird von Rathaus und Stadtkirche beherrscht. Der Rathausbau beginnt 1805 mit dem Nordflügel, erst 1821 wird die Grundsteinlegung zum eigentlichen Rathaus vorgenommen. Der Rathausbau ist, wenn auch mit zahlreichen Veränderungen, erhalten. Die Evangelische Stadtkirche wird von 1807 bis 1816 errichtet, nachdem der südliche Flügel des Gymnasiums schon 1803 entstanden war. Die christliche Kirche nimmt Elemente des antiken Tempels auf, nach Wiederaufbau erhalten. Der nördliche Flügel der Gymnasiumsbauten 1823-1824.

Die Lange Straße mit Zähringerstraße und angrenzenden Bereichen

Dreigeschossige, zu beiden Seiten der Langen Straße angelegte Kolonnaden, in den Anfangsfeldern als Arkaden ausgebildet, sollten die Flucht der Häuser, die in Höhe und Bauart sehr unterschiedlich waren, vereinheitlichen. Das Projekt von 1806, das sich von der Waldstraße bis zur Waldhornstraße erstreckt hätte, wurde nicht verwirklicht. Haus Schlosser Rau, Lange Straße 128, 1820 wohl von Weinbrenner erbaut, nicht erhalten, und Haus Kammerdiener Gebhard, Waldstraße 47, im Jahr 1809 vom Bauamt (F.W.) erbaut, nicht erhalten. In der Sammlung von Grundplänen ist ein unausgeführter Entwurf Weinbrenners enthalten; wir können den Entwurf in der Langen Straße zwischen Herren- und Ritterstraße verorten. 1813/14 entstand das Museum auf spitzwinkligem Grundstück Ecke Lange Straße/ Ritterstraße, es brannte 1918 ab. 1811 Haus Kammerdiener Eichelgrau, Ritterstraße 18, und 1814 Haus Sattler Schmidt, Ritterstrasse 20. Beide nicht erhalten.

In der Zähringerstraße 45 plant Weinbrenner 1815 ein größeres Wohnhaus für die Handelsleute Schmieder und Füsslin. 1826 am südlichen Ende als Anbau Haus Blechnermeister Beyer. Daneben, Zähringerstraße 47 entsteht 1815 das Haus Maurermeister Holb. Gegenüber, Zähringerstraße 66, das 1816 wohl von Weinbrenner gebaute Haus Kammerdiener Frech. Die Gruppe dieser Häuser wird auf der südlichen Seite durch das Haus Karoline und Friederike Häckher, Zähringerstraße 53, 1827 wohl von Weinbrenner erbaut, beschlossen. Es folgt im östlichen Bereich das Haus Lange Straße 58, Hofbedienter Kasten, 1809, und gegenüber an der Kleinen Kirche, Kreuzstraße 11, das Haus Schnabel, ebenfalls 1809, beide nicht erhalten. Vor 1816 wurde wird das Haus Adlerstraße 14, Bierbrauer Hemberle, Ecke Lange Straße erbaut, 1816 gegenüber das Haus Weinwirt Eichelkraut, Lange Straße 119, und 1810 das Haus Gürtlermeister Sollway, Adlerstraße 18, Entwurf wohl F. Weinbrenner. Diese drei Häuser sind erhalten und zeigen die Qualität der Weinbrennerschen Eckhäuser.

Die Synagoge ist der erste monumentale Bau Weinbrenners in Karlsruhe, 1798 errichtet. Valdenaire sieht in ihrer Architektur eine "morgenländische Romantik". Zerstört. Schräg gegenüber, Ecke Lange Straße, Kronenstraße 26, wird 1801 das Haus Josef und Seeligmann Ettlinger errichtet, nicht erhalten. An der Waldhornstraße 18 entsteht 1811-1812 das Haus Staatsrat Fischer, die rechte Hälfte eines Doppelhauses; zusammen mit dem Haus Einnehmer Bodmer, Waldhornstraße 20, von 1815, bildet es einen Hof, beide bis auf Reste nicht erhalten. Weiter südlich in der Waldhornstraße 30, Ecke Lange Straße, das Haus des Handelsmanns Hirsch, 1817 genehmigt, Abbruch nach 1916, an der Ecke Zähringerstraße das Haus Witwe Dollmätsch, Waldhornstraße 38, wohl von Weinbrenner 1818 gebaut, 1974 abgebrochen. In der Zähringerstraße folgt das Haus Apotheker Sommerschuh (Adresse Kronenstraße 21), 1813, Entwurf wohl Weinbrenner, es besteht aus zwei giebelständigen Bauten als Anbau an ein Eckhaus, und schließlich das Haus Zähringerstraße 2, Schlosser Müller, 1811, beide nicht erhalten.

Die Nordwestliche Innenstadt

Das Kanzleigebäude entsteht 1803; nach Teilabbruch fand 1955 ein Umbau statt. Das beherrschende Gebäude am westlichen Schlossplatz ist das Theater, das 1806-1808 an der Stelle des abgebrochenen mittleren Orangeriegebäudes errichtet wird, abgebrannt. 1807 plant Weinbrenner eine Lehranstalt für Mineralogie und Botanik vor dem alten Linkenheimer Tor; sie wird nicht gebaut. Mit dem Bau der Pflanzenhäuser im Botanischen Garten wird 1807 begonnen, allerdings werden die Bauten nicht fertiggestellt. In der Mitte der Reihe von drei Pflanzenhäusern ist ein Zentralbau geplant. Die Gewächshäuser von 1809, südlich davon, stehen singulär in Weinbrenners Werk; sie sind nach funktionalen Erfordernissen konzipiert. Teile der Anlage zu einem früheren Zeitpunkt von Jeremias Müller gebaut. Nicht realisiert die im Jahr 1809 geplante Erweiterung der Akademie; das bestehende Gebäude wäre als Seitenflügel in einer gedachten Dreiflügelanlage aufgegangen. Im nordwestlichen Stadtbereich liegen zwei Wohnhäuser Weinbrenners: das 1815 erbaute Eckhaus des Handelsmanns Ettlinger, Innerer Zirkel 26, erhalten, und das Eckhaus des Postrates Braun, Linkenheimer-Tor-Straße 15, ebenfalls 1815, nicht erhalten. Die Wasser- und Straßenbaudirektion, zwischen Akademie- und Stephanienstraße, wird erst 1828 nach Plänen Weinbrenners gebaut, zerstört.

Die Südwestliche Innenstadt

1802 beginnt der Bau des Sommerschlösschens für Markgräfin Amalie im Erbprinzengarten. Ein an die Villa rotonda angelehnter Entwurf mit einer Kuppel wurde nicht realisiert; im dann gebauten Sommerhaus sind die Dächer in der Höhe gestaffelt bis hin zu einem Turm mit Plattform. Zur Ritterstraße ist ein Hof mit Seitengebäuden vorgelagert. An der Südostecke des Gartens errichtet Weinbrenner 1802 den Gotische Turm, an den später eine Kapelle angebaut wird, an der Südwestecke ein Vogelhaus, das heute transloziert im Schlossgarten das Weinbrennerdenkmal aufnimmt. Verbindung zum nördlichen Gartenteil durch einen unterirdischen Gang. Das Haus Erbprinzenstraße 19, Witwe des Kammerrates Lidell, Ecke Ritterstraße, wird 1804 gebaut, das Haus ist teilweise erhalten. Weiter westlich am Ludwigsplatz befinden sich zwei Häuser, wohl von Weinbrenner, das 1808 erbaute Eckhaus des Posamentiers Lang, Erbprinzenstraße 33, Ecke Kleine Herrenstraße und Waldstraße; das Haus ist mit großen Veränderungen erhalten. Angebaut ist das Haus Waldstraße 57a, ebenfalls Bauherr Lang von 1809-1814; es ist im Äußeren erhalten, zusammen mit Erbprinzenstraße 33 bildet es eine Einheit. Das Haus Erbprinzenstraße 22 entstand 1818-19 für den Hofmaler Kunz. Ein nicht ausgeführter Entwurf Weinbrenners ging voraus.

Die Katholische Stadtkirche wurde 1808-1814 erbaut. Sie ist aus einem Quadrat mit Kreuzarmen entwickelt, die Mitte wird von einem überkuppelten Rundraum eingenommen; die Spannweite ist gleich der Höhe der Kuppel, ca. 30m. Das Thema des Pantheons wird zitiert. Mit den nicht gebauten Nebengebäuden wäre vermittelnd eine Steigerung der Massen erreicht worden. 1820-1822 entstand das Ständehaus; ein zweigeschossiger Baukörper, Hauptfassade zur Stephanskirche, die Ecke gerundet betont. Zerstört. Zwischen Herren- und Ritterstraße liegt der Garten der Markgräfin Friedrich (Prinzessin Christiane) mit einem großen Palais, das nach der Villa rotonda konzipiert ist und 1817 begonnen wurde. Unter der auf einem künstlichen Hügel errichteten Villa befindet sich ein Durchgang zu einem Weiher; ein Arkadengang im Süden verbindet das Hauptgebäude auf zwei Ebenen mit dem Lusthaus an der Kriegsstraße. Neben weiteren Kleinarchitekturen an der Nordseite ein Pflanzenhaus in neugotischem Stil. Die Bauten wurden 1894 abgebrochen.

Die Karlstraße

Die Karlstraße ist eine wichtige Nord- Süd- Verbindung im Westen der Stadt im Stadterweiterungsplan von 1812 und 1818. Weinbrenner baute die Infanteriekaserne 1804-1805 an der Stelle der späteren Hauptpost. Südlich des Ludwigsplatzes das Eckhaus Karlstraße 21 des Gastwirtes Groß, möglicherweise von Weinbrenner 1816 erbaut, und Karlstraße 27, Gastwirt Wichtermann, 1813-1815 erbaut, beide nicht erhalten. Am Karlstor, Karlstraße 47, Ecke Herrenstraße, das Haus der beiden Zimmermeister Küentzle, 1822 von Küentzle gebaut. Dieses Haus ist erhalten. Dem ausgeführten Entwurf ging ein Entwurf Weinbrenners voraus, der im Plan dargestellt ist. Die Münze beschließt die Karlstraße im Norden; die Ausführung ab 1826 erlebte Weinbrenner nicht mehr.

Die Nordöstliche und Südöstliche Innenstadt, Achse Fasanenstraße

Das Eckhaus Innerer Zirkel 10, Hofbuchdrucker Müller, wird 1811 gebaut. Nicht erhalten. Das Haus Spitalstraße 41, Regierungsrat Reinhard, im Jahr 1813. Das Haus ist, stark verändert, erhalten. Die verlängerte Fasanenstraße ist die östliche Entsprechung zur Karlstraße im Westen im nicht ausgeführten Stadterweiterungsplan. Die Churfürstliche Bauverwaltung wird 1806 westlich dieser Achse an der Langen Straße angelegt, aber nur teilweise ausgeführt und später abgebrochen. Östlich der Achse liegt die Kavalleriekaserne. Nach Weinbrenners Entwurf werden 1803-1807 Stallungen gebaut, der Vorderbau kam später hinzu, 1898 wurde die Kaserne abgebrochen. Drei kleinere Gebäude Weinbrenners im östlichen Bereich der Innenstadt sein noch erwähnt: der Fischmarkt hinter der Kleinen Kirche, die Suppenküche in der Spitalstraße und die Leichenhalle.

Zusammenfassung

Unser Plan zeigt die räumlichen Beziehungen der Bauten Weinbrenners untereinander und zur Stadt. Kein Haus wird ohne den städtebaulichen Kontext entworfen. Er verwebt das Haus mit Mauern und Höfen, in geschlossener Bebauung oder als Solitär mit dem Umfeld.

Weinbrenners Umgang mit dem städtischen Raum ist am Marktplatz zu sehen: Von Norden betrachtet staffelt sich der Platz in Raumschichten nach Süden, den Kulissen eines Theaters vergleichbar, bis in die Unendlichkeit. Diese Raumschichten steigern sich in der Höhe von den niedrigen Boutiquen über die dreigeschossigen Lyzeumsbauten zur höheren Stadtkirche, die wiederum vom Turm überragt wird. Für den Betrachter, der sich auf dieser Bühne bewegt, ergibt sich ein dramatischer Perspektivwechsel von nah zu fern, von niedrig zu hoch, von eng zu weit, der verwirrend und irrational auf ihn wirkt. Dies ist die Idee des Romantischen Klassizismus Weinbrenners.

Ausgewählte Literatur:

Im, Hea-Jee: Karlsruher Bürgerhäuser zur Zeit Friedrich Weinbrenners, Mainz 2004

Valdenaire, Arthur: Friedrich Weinbrenner, Karlsruhe 1926

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